Hafer – Das Gold der Pferdefütterung wird zu Unrecht verteufelt!

Hafer- das bekömmliche Getreide

Mythen, Unwissenheiten und Vorurteile – all das umgibt in heutiger Zeit das Thema Haferfütterung.

Der Ruf von Hafer ist ramponiert und die „Modeerscheinung“ Müsli ohne Hafer, das toll duftet, ist zum Renner geworden. Viele Pferdebesitzer sind einem Nervenzusammenbruch nahe, wenn man nur das Wort Hafer in den Mund nimmt ganz zu schweigen von der Empfehlung, Hafer zu füttern. Vielleicht geben jedoch die immer zahlreicher auftretenden Allergien und „Wohlstandserkrankungen“ der Pferde ihren Besitzern einen Denkanstoß über den Sinn oder Unsinn der heutigen „Modefütterung“ der Pferde. Denn eins wurde sogar wissenschaftlich mehrfach bewiesen: Hafer ist nach wie vor das bekömmlichste Getreide für Pferde, weil Hafer am besten verdaut werden kann. Hafer ist dazu noch kostengünstig. Achten sollte man jedoch auf eine gute Qualität.

Die 9 Pluspunkte des Hafers

  • Hafer ist das Getreide, das vom Pferd am leichtesten verdaut werden kann.
  • Hafer muss vor der Verfütterung nicht gequetscht, gepoppt oder geschrotet werden, wie Mais oder Gerste, um vom Pferd optimal verdaut zu werden. Mais und Gerste unbehandelt zu verfüttern kann hingegen Hufrehe auslösen.
  • Hafer enthält Schleimstoffe, die die Verdauung begünstigen.
  • Hafer enthält ungesättigte Fettsäuren.
  • Hafer enthält ein sehr gutes Eiweiß (Aminosäurenmuster) und nicht mehr oder weniger Eiweiß wie z. B. Gerste.
  • Die Haferspelzen regen zum Kauen an.
  • Hafer enthält keine Klebereiweiße wie Weizen, Dinkel oder Roggen, die zu Verkleisterung des Magens führen können.
  • Man weiß was man in den Trog schüttet.
  • Hafer ist kostengünstig.

Eiweißüberschuss durch Hafer? Wir räumen mit Vorurteilen auf.

Ein weit verbreitetes Vorurteil ist der angeblich sehr hohe Eiweißgehalt von Hafer, dabei enthält Hafer nicht mehr oder weniger Eiweiß als Gerste. Hafer enthält im Vergleich zum Mais und Gerste jedoch einen wesentlich höheren Gehalt an essentiellen Aminosäuren, wie die Aminosäure Lysin. Von essentiellen Aminosäuren spricht man, da diese vom Körper nicht selbst hergestellt werden können, sondern über die Nahrung zugeführt werden müssen.

Essentielle Aminosäuren im Hafer als Pluspunkt

Da essentielle Aminosäuren für sämtliche Körperzellen von großer Bedeutung sind, ist der hohe Anteil an essentiellen Aminosäuren ein dicker Pluspunkt für Hafer. Pferde ohne Hafer zu füttern, weil man Eiweiß fürchtet, ist also unbegründet.

Schluss mit unsinnigen Maßnahmen

Die Tatsache, dass die meisten Freizeitpferde nur geringe Mengen an Kraftfutter bekommen und dann oft unbedingt ein eiweißreduziertes Fertigfutter eingesetzt werden muss, um angeblich Eiweißüberschüsse zu vermeiden, ist unsinnig.  0,5 bis 1 kg „eiweißreduziertes Müsli“ mit z.B. 75 Gramm verdaulichem Rohprotein bringen hinsichtlich der gleichen Menge an  Hafer mit 85 Gramm verdaulichem Rohprotein kaum Unterschiede, wenn man die gesamte Tageszufuhr an verdaulichem Rohprotein betrachtet, die bei einem Freitzeitpferd (500 kg) mit leichter Arbeit bei ca. 320 bis 400 g verdaulichem Rohprotein liegen sollte. Im Normalfall können Freizeitpferde im Erhaltungsbedarf oder mit leichter Arbeitsleistung ihren Eiweiß- und Energiebedarf über gutes Heu in ausreichender Menge (ca. 8 bis 10 kg pro Tag) decken. So dass für diese Pferde selten die Fütterung von Hafer oder Fertigfutter notwendig ist, sondern lediglich die Gabe eines passenden Mineralfutters die Ration abrundet.

Muss es Quetschhafer sein?

Hafer kann vom Pferd sehr gut verdaut werden, so dass Quetschen des Hafers nicht notwendig ist. Quetschen wird nur notwendig, wenn Pferde nicht richtig kauen können. Dies kommt bei Zahnproblemen vor oder auch bei älteren Pferden. Bei Fohlen und Jungpferden bis ca. 3,5 Jahren ist außerdem das Quetschen von Hafer notwendig. Quetschhafer sollte jedoch auf Grund der geringen Haltbarkeit am besten noch am gleichen Tag des Quetschens verfüttert werden, spätestens jedoch 3 Tage nach dem Quetschen.

Ist es normal, dass Haferkörner in den Pferdeäpfeln sichtbar sind?

Ja, denn auch Hafer hat keine 100 %ige Verdaulichkeit (ca. bei 84 %) und so ist es ganz normal, dass einige Haferkörner unverdaut in den Pferdeäpfeln zu finden sind. Wenn man überlegt dass 1 kg Hafer hunderte von Haferkörner enthält ist es ganz normal, dass im Kot auch nicht nur 1 Haferkorn zu finden ist.

Wie muss man Hafer lagern?

Hafer muss trocken geerntet werden und mindestens 12 Wochen lagern und trocknen, bevor er verfüttert werden kann. Sollte dies nicht beachtet werden, kann es zu massiven gesundheitlichen Störungen führen wie Stoffwechselerkrankungen, Hufrehefälle, Koliken, Hauterkrankungen und vieles mehr. Guter Hafer kann auch von Einzelpferdehaltern gut verwendet werden und ohne Probleme 1 Jahr lagern, wenn er trocken, dunkel, kühl und luftig gelagert wird. Kauft man gerreinigten Hafer im Landhandel im Papiersack, so kann dieser an einem kühlen, trockenen, dunklen und mäusefreien Ort im Papiersack lange (1 Jahr) gelagert werden.

Wie erkenne ich, ob eine gute Haferqualität vorliegt?

Für den Gehalt an Energie und Eiweiß gilt folgendes: Je größe und dicker das Haferkorn ist, desto höher ist der Energiegehalt bei reduziertem Eiweiß- und Rohfasergehalt. Je länglicher und schmaler das Haferkorn ist, umso mehr Eiweiß und Rohfaser enthält der Hafer. Guter Hafer sollte mindestens ein Litergewicht von über 550 g haben. Litergewichte von unter 450 g lassen auf eine ungenügende Haferqualität schließen (flache Körner mit weniger Nährstoffen).
Das Litergewicht von Quetschhafer wird mit ungefähr 30 % weniger eingestuft, als von ganzem Hafer.

Hygienische Qualität am besten mit der Sinnenprobe beurteilen.

  1. Hafer genau anschauen: Hafer sollte je nach Sorte gelb, weiß oder schwarz sein. In Deutschland sind gelbe Hafersorten am häufigsten zu finden. Bei diesen können Farbveränderungen leicht erkannt werden:
    graue sowie bräunliche Stellen außen am Haferkorn bedeuten Schimmelbefall. Es lohnt sich auch mal das Haferkorn von innen zu betrachten. Dort können sich auch schimmlige Stellen befinden, erkennbar durch graue bis bläuliche Verfärbung des normalerweise weißen Mehlkörpers. (siehe Bild unten, dort sind auch Verunreinigungen und Unkrautsamen zu sehen).
    Unreife Körner sind grünlich
  2. Geruch: Wenn der Hafer ranzig, säuerlich oder muffig riecht ist die Qualität nicht in Ordnung und lässt ebenfalls auf Schimmel schließen.
  3. Probieren Sie den Geschmack: Hafer ohne Qualitätsmängel schmeckt nussig und süßlich.
  4. Verwenden Sie stets nur gereinigten Hafer und achten Sie darauf, dass sich keine Verschmutzungen wie Erde oder Milben im Hafer befinden. Auch Mutterkorn und Unkrautsamen haben nichts im Hafer zu suchen und können zu gesundheitlichen Risiken führen.

 

Analysen auf Keimbefall geben definitive Auskunft und können bei jeder  Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (VDLUFA) durchgeführt werden.

In welchen Fällen ist Mischfutter dem Hafer vorzuziehen?

Hafer mit Qualitätsmängeln darf man auf keinen Fall verfüttern, denn dies kann zu Erkrankungen führen. Bekommen Sie keinen Hafer in guter Qualität, dann weichen Sie lieber auf ein gutes Mischfutter aus. Aber auch hier sollten Sie darauf achten, dass ein großer Anteil Hafer (mind. 40 % Hafer enthalten ist.) Bitte beachten Sie auf jeden Fall die Deklaration (Sackanhänger), dort muss der Hersteller angeben, was im Mischfutter enthalten ist.

Noch ein Tipp:

Haferflocken in Wasser quellen lassen eignen sich ideal, um Medizin oder auch Mineralfutter ins Pferd zu bekommen.
Dr. Heike Maroske

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